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Hörbehinderung und die Benutzung von Webseiten

Inhaltsübersicht

Einleitung: Etwas zum Nachdenken
Arten von Hörbehinderungen
Gehörlosenkultur

Etwas zum Nachdenken …

Wenn es um barrierefreies Internet geht, denken die meisten Entwickler nicht an die Benutzer, die gehörlos sind. Für eine große Zahl von ihnen bedeutet barrierefreies Internet das Einhalten einiger weniger Richtlinien, um blinden Nutzern den Gebrauch von Vorlese-Software zu ermöglichen.
In gewisser Weise ist das verständlich. Blinde Menschen haben schließlich die größeren Schwierigkeiten, da das Internet ein visuelles Medium ist … oder nicht?

Grundsätzlich ist das Internet eine Informationsbasis. Die Informationen können visuell oder auditiv dargestellt sein und aus Grafiken, Videos, Audioelementen, Animationen oder reinem Text bestehen. Üblicherweise kommen wir mit den Web-Inhalten über die Oberfläche unseres Browsers in Berührung, der gewöhnlich aus Texten und Grafiken besteht. Doch das Internet ist viel mehr als das. Jeder, der jemals Programme wie RealPlayer, Windows Media Player oder QuickTime benutzt hat, weiß, dass darüber Videoinhalte aus dem Netz abgespielt werden können. Tatsächlich ist es in vielen Fällen sogar nicht einmal nötig, überhaupt einen Browser zu öffnen. Diese Multimediaplayer können selbst als Browser verwendet werden.

Sehen Sie sich nun einmal kurz diese Bildschirmfotos der Webseiten von CNN.com und BBC.co.uk an:

Copyright WebAIM

Überall auf diesen Seiten sind Links zu finden, die den Besuchern das Anschauen von Videoclips ermöglichen (im Falle von CNN.com muss man sich jedoch zunächst für diesen Dienst anmelden). Video-, Audio- und Multimediainhalte finden sich immer öfter im Internet. Videoinhalte sind auf den meisten größeren Nachrichtenportalen und sogar auf einigen lokalen Nachrichtenseiten verfügbar. Zum Leidwesen aller gehörlosen Nutzer sind Untertitel im Netz jedoch noch immer so gut wie gar nicht vorhanden. Werkzeuge, um Internetvideos zu untertiteln, gibt es bereits und das Konzept des Untertitelns ist schon Jahrzehnte alt. Es muss nur gemacht werden. In einigen Ländern sind untertitelte Internetvideos sogar gesetzlich vorgeschrieben (etwa die Seiten der amerikanischen Regierung und weitere Webseiten, die unter § 508 des Rehabilitation Act der Vereinigten Staaten von Amerika fallen).
Arten von Hörbehinderungen

In gewisser Hinsicht bietet diese Seite mehr Informationen als Sie benötigen, um Webinhalte für gehörlose oder schwerhörige Besucher zugänglich zu machen. Sie sind hier aber dennoch in der Hoffnung aufgeführt, dass mit wachsendem Verständnis für das Thema auch die Wertschätzung solcher Personen steigt und damit das Engagement, ihnen nutzbare Inhalte zur Verfügung zu stellen.

Wichtig!

Der Grundsatz barrierefreien Internets für Nutzer mit Hörbehinderungen ist:
Wahrnehmbarkeit: Denn diese Nutzer können auditive Inhalte nicht wahrnehmen (hören).

Ich möchte zudem anmerken, dass das Wort "Behinderung” im Titel dieses Abschnitts umstritten ist, wenn man die Haltung vieler Gehörloser bedenkt. Mehr als alle anderen Personengruppen, die gewöhnlich als "behindert" bezeichnet werden, tendieren die Gehörlosen viel weniger dazu, ihren Zustand als Behinderung zu betrachten. Zu diesem Thema werden Sie im letzten Abschnitt des Artikels, Gehörlosenkultur, Näheres erfahren. Dennoch verwende ich hier absichtlich das Wort "Behinderung", aber nicht, um Streit auszulösen, sondern zur Unterstreichung der Tatsache, dass Gehörlose keine Audioinhalte hören können. Und genau das ist der kritische Punkt, den Entwickler nicht vergessen dürfen.

Gehörlosigkeit ist keine Alles-oder-Nichts-Bedingung. Zwar gibt es Personen, die komplett gehörlos sind, doch gibt es genauso gut Personen mit unterschiedlichen Graden des funktionellen Hörverlusts. Die Stufen der Schwerhörigkeit werden oft in leichtgradig, mittelgradig, hochgradig und an Taubheit grenzend unterteilt. Menschen, die sich selbst als taub bezeichnen, leiden in der Regel an hochgradiger bis an Taubheit grenzender Schwerhörigkeit. Diejenigen mit weniger schwerem Hörverlust werden meist als schwerhörig bezeichnet.
Hörverlustgrade

Leichtgradiger Hörverlust:
Töne unter etwa 30 Dezibel können nicht mehr gehört werden. Sprache kann schwer zu verstehen sein, insbesondere bei vorhandenen Hintergrundgeräuschen.

Mittelgradiger Hörverlust:
Töne unter ungefähr 50 Dezibel können nicht mehr gehört werden. Es kann sein, dass ein Hörgerät benötigt wird.

Hochgradiger Hörverlust:
Töne unter etwa 80 Dezibel können nicht mehr gehört werden. Hörgeräte können in einigen Fällen hilfreich in anderen Fällen aber bereits unzureichend sein. Einige Menschen mit hochgradigem Hörverlust verständigen sich generell mit Hilfe von Zeichensprache, andere verlassen sich auf Lippenlesetechniken.

An Taubheit grenzender Hörverlust:
Die völlige Unfähigkeit zu Hören oder Töne unter etwa 95 Dezibel wahrnehmen zu können. Genau wie hochgradig Schwerhörige verständigen sich Menschen mit starker Schwerhörigkeit generell durch Zeichensprache oder Lippenlesen.
Klassifizierungen des Hörverlusts

Schallleitungshörverlust resultiert aus einer Beschädigung oder Blockade der beweglichen Teile im Ohr. Die Gehörknöchelchen eines gesunden Innenohrs - der Malleus (Hammer), der Incus (Amboss) und der Stapes (Steigbügel) - vibrieren, sobald Schallwellen auf sie treffen. Krankheiten oder Verletzungen können dazu führen, dass diese Knöchelchen nicht mehr ordentlich vibrieren, wodurch eine korrekte Erkennung akustischer Informationen verhindert wird.

Schallempfindungsschwerhörigkeit (Nerventaubheit) tritt auf, wenn Haarzellen in der Gehörschnecke oder der Gehörnerv beschädigt sind. Dadurch werden die akustischen Signale nicht an das Gehirn weitergeleitet. Die Knöchelchen des Innenohrs können zwar einwandfrei vibrieren aber die Nerven sind nicht in der Lage, diese Informationen zur Verarbeitung korrekt an das Hirn weiterzugeben.

Hochfrequenzschwerhörigkeit ist, wie der Name schon sagt, der Verlust der Fähigkeit, hohe Töne wahrzunehmen. Eine der wichtigsten sozialen Konsequenzen ist die, Frauenstimmen schwierig zu verstehen.
Als Tieftonschwerhörigkeit bezeichnet man das Unvermögen, tiefe Töne wahrzunehmen. Männerstimmen sind dadurch schwer zu hören und zu verstehen.

Bei einer Taubblindheit ist der Betroffene sowohl taub als auch blind. Menschen, die taub und blind sind, verständigen sich oft mit Hilfe von Zeichensprache, allerdings müssen sie in der Lage sein, die Zeichen der anderen Person zu fühlen. Im Wesentlichen halten sie dafür die Hand des Gesprächspartners währen der gesamten Konversation. Zur Nutzung von Webinhalten verwenden sie gewöhnlich eine aktualisierbare Braillezeile, die ihnen Zugriff auf alle Textinhalte einer Webseite bietet, einschließlich Alternativtexte für Bilder.
Ursachen für Hörverlust

Taubheit tritt in der Regel früh auf und hat meist genetische oder perinatale Ursachen. Taubheit kann auch als Folge einer Mittelohrentzündung (Otitis Media), die bei kleinen Kindern weit verbreitet ist. Taubheit kann auch später auftreten, etwa durch traumatische Verletzungen oder Krankheiten. Außerdem ist Hörverlust häufig Teil des Alterungsprozesses, insbesondere bei Männern.

Im Folgenden sind einige Quellen über die Ursachen von Hörverlust aufgeführt (die Seiten öffnen sich in einem neuen Browserfenster):
Taubheit als Kultur

Taubheit ist mehr als nur ein medizinischer Zustand. Menschen, die taub sind, haben nicht einfach nur "kranke Ohren". Sie gehören einer Gemeinschaft - einer Kultur an. In dieser Hinsicht ist Taubheit einmalig unter allen Arten von Behinderungen. Das Bewusstsein für diese Kultur ist unter denen am stärksten verbreitet, die die Zeichensprache als ihr primäres Kommunikationsmittel ansehen. Mehr als andere Faktoren ist es vor allem die linguistische Bindung, die die Gemeinschaft zusammenhält. In vielerlei Hinsicht kann der soziale Charakter der Taubenkultur mit der der afroamerikanischen Kultur verglichen werden. So wie es ein starkes Selbstbewusstsein unter den Afro-Amerikanern bezüglich ihrer Herkunft und ihrer Gesellschaft gibt, gibt es auch unter Gehörlosen ein ausgeprägtes Selbstbewusstsein und sie genießen den Status einer kulturellen und linguistischen Minderheit. Taubheit ist viel mehr als nur ein physiologisches Phänomen. Es ist eine Art, sein Leben zu gestalten. In den vergangenen Jahrzehnten hat die Zeichensprache eine wachsende zentrale Rolle in der kulturellen Vereinigung der Gehörlosengemeinschaft gespielt.
Zeichensprache und "Lippenlesen”

Es gibt dennoch gehörlose Menschen, die keine Zeichensprache verwenden. Diese Menschen wurden gewöhnlich eher mündlich erzogen. Das heißt, sie wurden gelehrt, sich mündlich zu artikulieren und Lippen anderer "zu lesen". Diese Praxis war während eines großen Teils des 20. Jahrhunderts weit verbreitet. Erst in den 1970er Jahren begannen die Erzieher diesen Ansatz ernsthaft in Frage zu stellen und andere zu ermuntern, Zeichensprache als primäres Kommunikationsmittel zu verwenden. Die Zeichensprache an sich war zu dieser Zeit von den meisten Erziehern noch nicht als Sprache anerkannt, auch nicht von vielen Gehörlosen, die sie nutzten.
Zeichensprache wurde oft als ein System von Gesten angesehen, das nicht die kompletten funktionalen Ansprüche einer echten Sprache erfüllte. Neuere Studien haben bestätigt, dass Zeichensprache nicht nur eine komplette Syntax und die grammatische Struktur einer echten Sprache besitz, sondern zudem dieselben Nervenbahnen und Gehirnaktivitäten aktiviert wie andere Sprachen auch.

Das Ergebnis dieser Entdeckungen hat eine hitzige Diskussion zwischen den Anhängern der mündlichen Praxis und den Befürwortern der Zeichensprache entzündet. Anhänger der mündlichen Tradition wollen gehörlose Menschen dazu ermuntern, Teil einer Mehrheitsgesellschaft zu sein. Es wird angenommen, dass Gehörlose von den Hörenden mehr akzeptiert werden und ihnen zugänglicher sind, wenn sie "normale" Konversation mit ihnen betreiben können. In gewissem Maße ist das wahr, aber der größte Nachteil dieses Ansatzes ist, dass Lippenlesen eine ungenaue Kunst aus Intuition und Rätselraten ist. Lippenleser sind in der Lage, etwa 40-60% zuverlässig von dem zu verstehen, was andere sagen aber sie müssen die übrigen Lücken der Konversation selbst füllen - und dass auch noch nach jahrelanger Übung.

Einige Entwickler, die zum ersten Mal darüber nachdenken, wie Audioinhalte im Internet für Gehörlose zugänglich gemacht werden können, glauben, die beste Möglichkeit wäre eine zeichensprachliche Version der Audioinhalte. Hierbei gibt es allerdings ein paar Probleme:

Wichtig!

Nicht alle Menschen beherrschen Zeichensprache.
Videoinhalte im Internet sind oft nicht groß oder deutlich genug, um Zeichensprache verständlich zu machen.
Nicht alle Menschen sprechen dieselbe Zeichensprache.

Der letzte Punkt mag eine Tatsache sein, die Sie bereits bedacht haben. Wie sich herausstellt, gibt es etwa so viele Zeichensprachen wie gesprochene Sprachen. In den USA etwa ist die am meisten verwendete Zeichensprache die "American Sign Language" (Amerikanische Zeichensprache, auch ASL). In Großbritannien ist es die "British Sign Language" (Britische Zeichensprache, BSL), in Australien die "Australian Sign Language" (Australische Zeichensprache, Auslan). "Signed English" ("Zeichenenglisch") ist eine weitere Variante, obwohl dies weniger eine vollwertige Sprache als vielmehr eine Übersetzung es gesprochenen Englisch in ein Zeichensystem ist.

Wenn Sie nach Frankreich, Schweden, Südamerika und Asien schauen, werden die Unterschiede noch ausgeprägter. Asiatische Zeichensprachen haben so gut wie gar nichts mit amerikanischen oder europäischen Zeichensprachen gemein und haben keine sprachlichen Wurzeln. Es hat bereits einige Versuche gegeben, eine internationale Version der Zeichensprache, gennant "Gestuno", zu entwickeln aber dieses kommissionsentwickelte Zeichensystem ist den umfangreicheren natürlichen Zeichensprachen der Welt unterlegen und wurde bisher nur selten verwendet.

Nun stellt das Vorhandensein vieler unterschiedlicher Zeichensprachen auf der Welt nicht so sehr ein Problem für die Zugänglichkeit für Behinderte sondern eher für die Internationalisierung dar. Die Tatsache aber, dass es enorme Unterschiede zwischen den Zeichensprachen der Menschen gibt, die die gesprochene Sprache auch lesen können (etwa Englisch) ist sehr wohl ein Problem der Barrierefreiheit. Üblicherweise ist die Verbindung zwischen denen, die ASL, BSL und Auslan sprechen, nicht die Zeichensprache, sondern das Englische - selbst dann, wenn man die regionalen Unterschiede in der Schreibweise und in einigen Vokabeln berücksichtigt.

Um Audioinhalte für Gehörlose zugänglich zu machen, müssen Untertitel oder Abschriften zur Verfügung gestellt werden.
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